„Wälder sollten nicht Strom produzieren, sondern Wald-Ökosystemleistungen. Das tun sie eindeutig am besten, wenn sie das machen können, wofür sie im Rahmen der Evolution optimiert wurden: Sonnenenergie in Biomasse umwandeln, humusreiche und wasserspeichernde Böden aufbauen sowie sich selbst und die Landschaft kühlen. Dafür benötigen sie keine Technik.“
Prof. Dr. Dr. h.c. Pierre Ibisch, Centre for Econics and Ecosystem Management, Fachbereich für Wald und Umwelt – Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Umweltstiftung
Liebe Freunde und Freundinnen des Reinhardswalds,
Auch dank Euch ist der Reinhardswald als beunruhigendes Beispiel völlig verfehlter Windenergie-Planungen inzwischen „angekommen“ im Land. Und es kommen immer neue Menschen hinzu!
FACHKUNDIGE UNTERSTÜTZUNG
So freuen wir uns sehr, dass wir Professor Pierre Ibisch nicht nur zitieren sondern seit einiger Zeit auch zu unseren Unterstützern zählen dürfen! Wann immer es um Fragen des Waldes als Ökosystem und um die Zukunft des Waldes geht, ist Professor Ibisch ein vielgefragter Gesprächspartner. Ihr kennt seinen Namen vielleicht aus diversen Stellungnahmen in TV-, Hörfunk- oder auch Print-Medien. Sicher gehört der Biologe zu den derzeit gefragtesten Waldökologen im Land.
Bereits im Frühjahr des letzten Jahres waren wir mit ihm und seinem fachkundigen Team der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde HNEE einen Tag lang im Reinhardswald unterwegs. Unser Weg führte uns einige Kilometer entlang der vorgesehenen Schwerlasttrasse (dort gibt es z.T. bisher nicht einmal einen Forstweg) durch verschiedene Waldräume und gegen Ende auch vorbei an erschreckend rüde forstlich bearbeiteten Kahlschlagflächen (hier hat die Naturschutzinitiative NI, die das Geschehen im Reinhardswald schon einige Jahre verfolgt, inzwischen Anzeige gegen HessenForst erstattet). Nach einigen Stunden mit viel Zeit zum Schauen und Reden hatten wir etwa die Hälfte der 18 derzeit geplanten Windkraftstandorte mit ihren Umgebungen gesehen. Und hätten sehr gerne einige Politiker und Politikerinnen mit uns auf dem Weg gehabt.
Denn wie Waldökologen, Biologen und unabhängige Fachleute den Wald sehen, den so wertvollen, unverzichtbaren Waldboden, die ökologisch hochkomplexen Waldfunktionen und die Zusammenhänge von Wachstum, Wasser, Bodenverdichtung, Sonneneinstrahlung, Waldinnenklima, von Moosen, Farnen und Pilzen, Kleinstlebewesen, Artenvielfalt in Flora und Fauna unter- wie oberirdisch, die Bäume selbst und vieles mehr beschreiben – all das ist, umso mehr in diesen Zeiten von Klimawandel und Biodiversitätskrise, so wichtig, so hoch bedeutsam, so wahr – und weithin so unbekannt.
Beinah täglich ist zu erleben, dass all diese wichtigen Inhalte kaum mehr zu hören sind, dafür aber die ständig wiederholten, üblicherweise grob vereinfachenden „Erklärungen“ zum nur scheinbar unkomplizierten Miteinander von Wald und Windkraft. Diese allzu simplen Waldbeschreibungen, die oft aus der Feder der Windindustrie stammen, haben inzwischen dennoch vielfach erfolgreich in Medien und Politik-Kreisen aber auch in der breiten Öffentlichkeit Eingang gefunden.
Warum aber lassen wir uns von der Windindustrie den Waldschutz erklären? Würden wir uns von der Fleischindustrie den Tierschutz erklären lassen?
Fakt ist: Windkraft in der derzeitigen Form in unseren noch artenreichsten Naturräumen, den Wäldern, ist niemals problemlos umsetzbar – auch nicht im „Wirtschaftswald“, zu dem im Übrigen etwa 97% unserer Wälder (leider noch) zählen. Und auch nicht auf Waldarealen, die vorübergehend ohne Bäume dastehen.
Dazu noch einmal Prof. Ibisch in einem für uns verfassten Statement:
„Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist für die Bekämpfung der Klimakrise sehr wichtig. Aber nur unter drei Bedingungen: Er muss einhergehen mit der Absenkung unseres Energieverbrauchs, er darf nicht Flächenverbrauch und Zerschneidung der Landschaft weiter befördern, und wir müssen die Wälder aus dem Spiel lassen. Den Wäldern in Deutschland geht es sehr schlecht – wir müssen ihnen deshalb Zeit und Raum geben, ihre Zerschneidung und Verstraßung reduzieren und sie auf keinen Fall mit zusätzlicher Infrastruktur belasten. Dies gilt vor allem auch für die Kalamitätsflächen, auf denen die Forstwirtschaft gescheitert ist und Waldflächen dem Klimawandel schutzlos preisgegeben hat. Der Reinhardswald ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich die Beanspruchung der Wälder gegen die Natur und gegen die Menschen richtet.“
Für heute herzliche Grüße
Euer Local Team von Rettet den Reinhardswald
–
ACHTUNG: Wir agieren bewusst parteipolitisch neutral. Die Verwendung des Reinhardswalds zur eigenen, parteipolitischen Profilierung lehnen wir ab. Der Wald ist unverzichtbar für uns alle!