Pressemeldung:
Der Reinhardswald hatte nie eine Chance. Nicht in Hessen. Nicht in diesem Machtgefüge, in dessen „Obhut“ der landeseigene, weithin bekannte Reinhardswald nun gerodet, zerschnitten, betoniert, bebaut – behandelt werden soll, wie eine x-beliebige Industriefläche an irgendeiner Autobahn. Nur wenige Kilometer weiter, in NRW, in Niedersachsen wäre der Reinhardswald als historisch alter, großräumiger, damit schützenswerter Waldstandort (und schon deshalb als besonders bedeutsam in Artenvielfalt und Bodenleben) in Sicherheit gewesen. Aber nicht in Hessen.
Das Aktionsbündnis Märchenland ist fassungslos über die erfolgte Genehmigung – aber nicht überrascht. Denn von Beginn an wurde dieses Vorhaben im Forstgutsbezirk Reinhardswald nach Gutsherrenart gegen sämtliche Proteste aus Kommunen, Vereinen, Initiativen, Verbänden und sowieso über die Köpfe der betroffenen Menschen hinweg als ein Prestigeprojekt der hessischen Landesregierung vorangetrieben, das noch dazu hochwillkommene jährliche Millionenbeträge aus der Flächenverpachtung in die Kasse spülen soll. Seit Jahren können sich die Projektierer daher auf die politische wie fachliche Unterstützung aus Wiesbaden verlassen – bis in das Genehmigungsverfahren hinein. Das weisungsgebundene Regierungspräsidium Kassel hatte lediglich umzusetzen.
Das größte hessische Windkraftanlagen-Projekt mit über 14 Kilometernaus- und neu zu bauenden, schwerlastfähigen Straßen soll nun also im wertvollen Ökoystem Wald, noch dazu
- im Herzstück des noch jungen Naturpark Reinhardswald
- auf einem nachweislich historisch alten Waldstandort mit über 1000jähriger Geschichte
- im größten zusammenhängenden Waldgebiet Hessens
- in einem quasi unbewohnten, störungsarmen, weitgehend unzerschnitten und daher schon an sich überaus wertvollen Naturraum
- in einem Erholungsraum vor herausragender Bedeutung [1]
- inmitten einer Landschaft, die z.T. als kulturhistorisch bewertet wird und in hoher und höchster Wertstufe eingeordnet ist, selbst lt. hessischer Umweltministerin Hinz zu einer der landschaftlich schönsten Regionen Deutschlands zählt [2], einer Landschaft also, die bisher nicht industriell überprägt ist und die zu denen gehört, von denen das Bundesamt für Naturschutz sagt: „Es müssen naturnah wirkende Landschaften ohne technische Überprägung, erhalten bleiben. Oft sind diese Flächen von besonderer Bedeutung für die Erhaltungs- und Entwicklungsziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege.“[3]
errichtet werden. Um nur einiges zu nennen.
Die erfolgte Genehmigungsentscheidung im weit über die Landes-, sogar Bundesgrenzen hinaus bekannten Reinhardswald bewertet das Aktionsbündnis als erschreckend falsch, ausschließlich politisch motiviert und zudem hochgradig gefährdend für das Vertrauen in die Umsetzung der Energiewende.
Das Aktionsbündnis erklärt: „Wir kündigen bereits jetzt an, dass wir alle Vorgänge im Reinhardswald dokumentieren und ebenso wie alle vorhandenen Gutachten und fachbehördlichen Stellungnahmen öffentlich machen werden. Darüber hinaus fordern wir schon jetzt alle fotografierenden und filmenden Unterstützerinnen und Unterstützer auf, sich bei uns zu melden, um ggf. eine Koordinierung vornehmen zu können. Mit den Rodungen wurde heute sofort begonnen -über einhundertjährige Buchen sind bereits gefallen.
Darüber hinaus werden wir unsere Möglichkeiten nutzen, um die bereits angekündigten Klagen von Umweltverbänden und ggflls. Kommunen zu unterstützen. Spenden sind über unsere Homepage unter https://rettet-den-reinhardswald.de/spenden-dein-beitrag-hilft/ möglich.
Annette Müller-Zitzke / Oliver Penner
Aktionsbündnis Märchenland
annette@rettet-den-Reinhardswald.de / info@rettet-den-Reinhardswald.de
Ergänzend:
Als Leiter der zuständigen Prüf-und Genehmigungsbehörde hatte der (passgenau) vor 2 Tagen pensionierte Regierungspräsident Hermann-Josef Klüber bereits Ende Oktober 2020 öffentlich erklärt, die Windkraftanlagen in diesen beiden Windvorranggebieten im Reinhardswald seien „erklärtes Ziel“. (HNA Hofgeismar vom 29.10.2020, Artikel unter der Überschrift: „RP: nach Recht und Gesetz entscheiden“).
Eine bemerkenswerte Aussage von jemandem, der einer Behörde vorsteht von der Durchschnittsbürger*innen noch immer ergebnisoffene Prüfungen erwarten. Mit dem im Januar 2021 veröffentlichten „Runderlass Naturschutz /Windenergie“[4] der hessischen Landesregierung, der für die Genehmigungsbehörden verpflichtend ist, erschien diese Aussage in einem neuen Licht. Es wurde klar: Nirgends in Hessen soll mehr die Frage sein „ob“, sondern „wie“ die bereits ausgewiesenen Flächen, davon liegen über 80% in hessischen Wäldern, bebaut werden können.
Die Genehmigungsbehörden haben zu genehmigen – und sei es mit weitreichenden Auflagen.
[1]http://www.rpkshe.de/lrp2000/bestand/a_7/a7_63/k23a7_63.htm Landschaftsrahmenplan Nordhessen 2000
[2]https://www.forstpraxis.de/he_naturpark_reinhardswald_sl/
[3]https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/erneuerbareenergien/Dokumente/BfNErneuerbareEnergienReport2019_barrierefrei.pdf Der Erneuerbare Energien Report des Bundesamtes für Naturschutz, 3.überarbeitete Auflage Juli 2020, S.5
[4]https://www.staatsanzeiger-hessen.de/dokument/?user_nvurlapi_pi1[pdf]=StAnz-Hessen-Ausgabe-2021-01.pdf#page=13
Herzliche Grüße
Euer Local Team von Rettet den Reinhardswald
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ACHTUNG: Wir agieren bewusst parteipolitisch neutral. Die Verwendung des Reinhardswalds zur eigenen, parteipolitischen Profilierung lehnen wir ab. Der Wald ist unverzichtbar für uns alle!
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